Aufgrund der Nähe zu dem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich unternehmerischer Freiheiten ist die Mitbestimmung des Betriebsrats bei einer geplanten Betriebsänderung beschränkt. In erster Linie stehen dem Betriebsrat Informations- und Beratungsrechte zur Seite. Die Beteiligung der Arbeitnehmervertretung wird daneben über den Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan verwirklicht. „Echte“ Mitbestimmung hat der Betriebsrat aber nur im Hinblick auf den Sozialplan. Weitere Beteiligungsrechte in wirtschaftlichen Belangen stehen dem Wirtschaftsausschuss zu, wenn ein solcher eingerichtet ist.
Die Beteiligung des Betriebsrats bei geplanten Betriebsänderungen ergibt sich aus §§ 111 ff. BetrVG. Sie besteht in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Nach § 111 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat bei Betriebsänderungen umfassend und rechtzeitig zu unterrichten, die zu
führen können. Der Arbeitgeber muss die geplante Betriebsänderung außerdem mit dem Betriebsrat beraten.
Ob eine Betriebsänderung gegeben ist, lässt sich in vielen Fällen relativ leicht über den Katalog des § 111 S. 3 Ziff. 1.-5 BetrVG feststellen. Das Gesetz gibt an dieser Stelle vor, was als Betriebsänderung einzustufen ist. Ist ein dort beschriebener Fall einschlägig, kommt es nicht mehr darauf an, ob wesentliche Nachteile für die Belegschaft drohen. Sie werden in diesen Fällen einfach von Gesetzes wegen vorgegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es allerdings sich nicht um eine abschließende Aufzählung. Eine Betriebsänderung kann daher auch außerhalb der genannten Tatbestände vorliegen. Dann müssen aber wesentliche Nachteile gegeben sein.
Die Betriebsänderung ist geplant, wenn der Arbeitgeber zur Betriebsänderung im Prinzip schon entschlossen ist. Der Arbeitgeber muss nicht die antizipierte Maßnahme in allen Einzelheiten durchdacht haben. Es reicht aus, wenn er die Betriebsänderung als Ziel bereits anvisiert hat und „nur“ noch aus seiner Sicht die genauen Modalitäten geklärt werden müssen. Daraus kann der gesetzgeberische Wille nach einer frühen Beteiligung des Betriebsrats abgeleitet werden. Diese Pflicht kann auch dann bestehen kann, wenn die Planungen des Arbeitgebers noch unvollkommen sind. Entscheidend ist nur der manifestierte unternehmerische Wille, eine betriebliche Änderung durchzuführen.
Wann ist eine Unterrichtung umfassend? Von einer umfassenden Unterrichtung kann nur die Rede sein, wenn der Betriebsrat hierdurch in die Lage versetzt, die Auswirkungen der Betriebsänderung mit dem Arbeitgeber gleichgewichtig zu beraten. Die umfassende Information ist die Vorstufe für das sich anschließende Beratungsrecht des Betriebsrats. Nur wenn der Betriebsrat auf dem gleichen Informationsstand ist wie der Arbeitgeber, kann er mit diesem die geplante Betriebsänderung auf Augenhöhe beraten. Der Arbeitgeber muss hier also zunächst Informationsparität herstellen.
Wann ist die Unterrichtung rechtzeitig? Der Betriebsrat ist nur dann rechtzeitig informiert, wenn er auf die Entscheidung über das „Ob“, „Wie“ und „Wann“ des Arbeitgebers Einfluss nehmen kann. Die Unterrichtung erfolgt zu spät, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat vor vollendete Tatsachen stellt. Sie ist ganz allgemein verspätet, wenn der Betriebsrat keine Möglichkeit hat, die Entscheidung des Arbeitgebers hinsichtlich der Betriebsänderung noch zu beeinflussen.
Die Beratung zwischen dem Arbeitgeber und Betriebsrat findet nach der gesetzgeberischen Konzeption mit dem Ziel statt, einen Interessenausgleich abzuschließen. Die Betriebspartner sollen zu einer gemeinsamen Linie hinsichtlich des „Ob“, „Wie“ und „Wann“ der Betriebsänderung finden. Durch den Abschluss eines Interessenausgleichs sollen wirtschaftliche Nachteile nach Möglichkeit gering gehalten werden. Damit haben die Inhalte eines Interessenausgleichs im Regelfall unmittelbare Auswirkungen auf einen späteren Sozialplan. Gegenstand eines Interessenausgleichs können beispielsweise folgende Punkte sein:
Die Betriebspartner können sich in einem Interessenausgleich auch darauf verständigen, dass die Betriebsänderung wie vom Arbeitgeber geplant durchzuführen ist. Auf der anderen Seite kann der Arbeitgeber von der geplanten Betriebsänderung in einem Interessenausgleich aber auch Abstand nehmen.
Der Abschluss eines Interessenausgleichs ist für den Betriebsrat nicht einseitig durchsetzbar. Diesbezüglich können leider auch wir als Anwälte für Betriebsräte nicht helfen. Wenn eine Einigung nicht zustande kommt, können Betriebsrat und Arbeitgeber den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuche. Regelmäßig werden die Betriebsparteien aber die Einigungsstelle anrufen, § 112 Abs. 2 BetrVG. Die Einigungsstelle kann die Einigung der Betriebspartner aber nicht ersetzen. Wenn also der Arbeitgeber die Verhandlungen in der Einigungsstelle für gescheitert erklärt, gibt es für den Betriebsrat keine Möglichkeit, einen Interessenausgleich herbeizuführen. Ein Interessenausgleich beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit.
Der Arbeitgeber ist daher in seiner Entscheidung grundsätzlich frei, ob er die Betriebsänderung wie geplant durchführt. Er muss mit dem Betriebsrat nur rechtzeitig mit dem ernsten Willen verhandeln, eine Einigung über den Abschluss eines Interessenausgleichs zu erzielen. Verweigert er sich solchen Verhandlungen, könnte er verpflichtet sein, nach § 113 BetrVG Nachteilsausgleich zu leisten, wenn es infolge der Betriebsänderung zu Kündigungen kommt. Und natürlich könnte der Arbeitgeber gehalten sein, später beim Sozialplan tiefer in die Tasche zu greifen.
Kommt ein Interessenausgleich zustande, ist die Kenntnis der rechtlichen Natur dieser Vereinbarung hilfreich. Der Interessenausgleich hat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht die Merkmale einer Naturalobligation. Mit anderen Worten sind die vereinbarten Regelungen für den Betriebsrat nicht gerichtlich durchsetzbar. Weicht der Arbeitgeber aber von den Maßgaben eines Interessenausgleichs ab, so haben die infolge der Abweichung von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich in Form eines Abfindungsanspruchs nach § 113 BetrVG.
„Echte“ Mitbestimmung des Betriebsrats im Fall einer geplanten Betriebsänderung wird durch das rechtliche Instrument des Sozialplans verwirklicht. Der Sozialplan ist nach § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG auf eine Einigung der Betriebspartner zum Ausgleich oder Milderung der wirtschaftlichen Nachteile gerichtet. Ihm kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion für jene Arbeitnehmer zu, denen infolge der Betriebsänderung wirtschaftliche Nachteile entstehen. Regelmäßig werden in Sozialplänen Bestimmungen zu Abfindungen vorhanden ein. Darin erschöpft sich aber nicht die Funktion von Sozialplänen. Es sind vielfältige wirtschaftliche Nachteile denkbar. Weitere Regelungen können daher sein:
Der Sozialplan ist von den Betriebspartnern erzwingbar. Nach § 112 Abs. 4 BetrVG entscheidet die Einigungsstelle, wenn eine Einigung zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsrat über den Sozialplan nicht zustande kommt. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen den Betriebsparteien. Die Einigungsstelle hat sowohl die Belange der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer als auch die wirtschaftliche Vertretbarkeit in den Blick zu nehmen. Sie trifft ihre Entscheidung nach billigem Ermessen und soll sich von den in § 112 Abs. 5 S. 2 BetrVG niedergelegten Grundsätzen leiten lassen. So sollen
Die Verpflichtung zur Verhandlung eines Sozialplans trifft nicht auf Unternehmen zu, die sich in den ersten vier Jahren nach der Gründung befinden, § 112a Abs. 2 BetrVG.
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